KAUSTIK
Wasser, Sound, Lichtbrechung, Fotopapier. Friedrich Gobbesso fördert mit den Fotografi-
en der „Kaustik“-Serie die theoretisch allgegenwärtige Ästhetik von Wasser zu Tage. Das
Element wird von Gobbesso mit einer Soundquelle unterschiedlich definierter Frequenz in
Schwingung ver- setzt. Der Künstler belichtet dabei direkt durch das Wasser; das Medium
selbst wird zur Linse und bildet seine eigene Struktur auf das Fotopapier ab.
Es entstehen komplexe Formationen und neue Ordnungen. Gobbesso dient in diesem Experi-
ment als Kontrolleur der Versuchsanordnung – die Hoheit über das fotografische Resultat
gibt er in der „Kaustik“-Serie jedoch weitgehend in die Hand des Zufalls.
In den Fotografien meint ein Betrachter noch bekannte Erscheinungen aus seinen alltäg-
lichen Be- gegnungen mit Wasser erkennen zu können. Wahrnehmungsstützen sind etwa Ba-
dewannen und Schwimmbäder. Die Suche nach und das Finden von Anhaltspunkten gewährt
„Kaustik“ jedoch nur begrenzt – zu irreal und unergründlich erweisen sich die Schwin-
gungsformationen. Über die nüchterne Physik weist „Kaustik“ hinaus: Losgelöst von der
Versuchsanordnung erschließt Gobbesso eine chaotische, eigene Welt, die kaum zu durch-
schauenden Gesetzen gehorcht. Hier ist alles geordnet und ungeordnet zugleich, unkont-
rolliert und dennoch präzise inszeniert. Formen fließen ineinander, gliedern und lösen
sich, Metastrukturen werden in den Schwingungen sicht- bar. Weder durch ein mensch-
liches Gehirn noch durch digitale Technik wäre eine identische Re- produktion dieser
Serie möglich. Denn „Kaustik“ existiert nur im Moment, dem Bruchteil einer Sekunde. Die
Serie wird flüchtig und entgleitet dem einfachen Verständnis.
In „Kaustik“ formieren sich letztlich drei Urkonstanten unserer Wirklichkeit - Wasser,
Sound und (angehaltene) Zeit zu fotografischen Zeugnissen.
Text: Enno Schramm


Water, sound, refraction of light, photographic paper. With his photographs in the se-
ries, „Kaustik“, Friedrich Gobbesso quarries the theoretically omnipresent aesthetic
of water. By means of a sound-resource with different defined frequencies, the element
is set in motion. The artist carries out the exposure directly through the water; the
medium itself becomes the lens and projects its own structure onto the photographic paper.
Complex formations and new orders occur. Gobbesso, in this experiment, serves as a su-
pervisor of the experimental set-up - but for the „Kaustik“ series renounces his sove-
reignty with regard to the photographic results, handing it over to fortuity.
Viewers may still have the impression to recognise well-known appearances of his daily
encounters with water. Perceptional references are, for example, bath-tubs and swim-
ming-pools. But the vibrations‘ formations in the series prove to be too unreal and
incomprehensible; „Kaustik“ allows the search for and detection of clues only to a li-
mited degree. „Kaustik“ transgresses plain physics: Apart from the experimental set-up
Gobbesso opens up a chaotic world of its own that responds to laws which can hardly be
figured out. Here, everything is in order or not in order at the same time, uncontrolled
but still precisely staged. Forms float into each other, arrange themselves, meta-struc-
tures become visible in the vibrations. Neither through a human brain nor through digi-
tal technology would it be possible to reproduce this series. „Kaustik“ only exists for
a moment, in a fraction of a second. The series becomes ephemeral and slips away from
simple understanding.
In „Kaustik“ three primal constants of our reality - water, sound and (halted) time
form themselves into photographic evidence.